Rezension
Das ist schon viel mehr als nur die ‚Vorstufe‘ zum darauffolgenden weiteren Meilenstein „A Love Supreme“: Auf „Crescent“ fügte Coltrane seine progressive, freiere Seite mit der traditionelleren der vorangehenden Alben („Ballads“ und die Arbeiten mit Ellington bzw. Johnny Hartman) zusammen. Die Stücke sind überwiegend langsam, zeigen den großen Lyriker Coltrane, gleichzeitig weisen die Improvisationen aber den Weg nach vorne. Hochemotional ist diese Musik, und wäre der Terminus nicht vollkommen anders definiert, müßte man eigentlich unbedingt von ‚Soul Jazz‘ sprechen – denn um Seele geht es hier, in allererster Linie. Unbeschreiblich die Spiritualität der ersten beiden Stücke „Crescent“ und „Wise One“; ebenso sagenhaft, wie „Lonnie’s Lament“ die Möglichkeiten der Jazz-Ballade neu definiert. (Bassist Jimmy Garrison hat eines seiner schönsten Soli darin.) Das abschließende „The Drum Thing“ führt zwar stilistisch mit seiner afrikanischen Rhythmik in ein etwas anderes Terrain, stellt aber keinen Bruch mit dem Rest des Albums dar. Was Schlagzeug-Gott Elvin Jones da bietet, ist einmal mehr absolut atemberaubend: Ein musikalischeres Drumming ist kaum vorstellbar… – Das extrem nuancierte Spiel aller vier Beteiligten verdient bestmögliche Wiedergabe, was in solch einem Falle weniger dem audiophilen Lustgewinn als vielmehr der musikalischen Wahrheitsfindung dient… Auf 33 Touren klang das Album vermutlich noch nie besser als auf dieser von Ryan K. Smith von den Originalbändern gemasterten Edel-Edition! (1964/2022)