Rezension
Unbedingt: Ein Fest! Gustavo Dudamel stand zu diesem Zeitpunkt dem Orquesta Sinfónica Simón Bolívar schon acht Jahre vor, er hatte die Leitung als 18jähriger übernommen (inzwischen mußte das „Jugend“ aus dem Orchesternamen gestrichen werden, da viele Mitglieder, die das Maximalalter von 20 überschritten hatten, sich schlicht weigerten, es zu verlassen). 2005 begeisterten Dirigent und Orchester erstmals international durch eine Aufnahme der 5. und 7. Beethoven-Symphonien (womit Dudamels Aufstieg in die erste Dirigenten-Liga begann), 2007 fand eine Welttournee zu euphorischen Kritiken statt, der im Jahr darauf dieses Album mit Musik latein- und südamerikanischer Komponisten folgte – ein Album, das frühere Show-Konzept-LPs „etablierter“ Orchester sehr deutlich in den Schatten stellte. Denn hier waren keine nordamerikanischen oder gar europäischen Musiker am Werk, die sich in die komplexe Rhythmik der Musik erst mühevoll einarbeiten mußten, sondern junge Menschen, die mit dieser Musik aufgewachsen waren, den Groove in ihrer DNA hatten, dabei ihre Instrumente genauso souverän beherrschten wie die arrivierten Kollegen. Man darf sich das Album im Übrigen nicht als durchgehendes Feuerwerk vorstellen: Es geht um Musik, nicht um Effekt. Und es sind gerade die leisen, dabei kaum weniger vibrierenden Momente, die dieses Album zu solch einem Ereignis machen. Am Schluß wird es fast ein bißchen gemein: Da spielt das Orchester (damit das internationale Publikum wenigstens ein Stück wiedererkennt) den „Mambo“ aus Leonard Bernsteins „West Side Story“ – und führt vor, wie’s eigentlich geht. Oder, wie es Philip Clark in seinem begeisterten Review im „Gramophone Magazine“ formulierte: Out-Lennying Lenny! – Endlich auf Vinyl! (2008/2023)