Rezension
An dem Einfluß, den Alice Coltrane auf sie hat, hat Brandee Younger nie einen Zweifel gelassen – warum auch, so viele Orientierungsmöglichkeiten gibt es ja als Jazz-Harfenistin nicht, insbesondere dann, wenn man sich zum Spiritual Jazz der 60er/70er hingezogen fühlt. Den entwickelt Younger auch auf ihrem dritten Impulse!-Album wieder ein gutes Stück weiter, mit ihrem eigenen Trio (Bassist Rahsaan Carter und Drummer Allan Mednard) ebenso wie mit Freunden – etwa Makaya McCraven, Joel Ross, Pianistin Courtney Bryan oder Saxophonist Josh Johnson. Und Shabaka Hutchings, der nach wie vor konsequent dem Saxophon fernbleibt und stattdessen an Flöte bzw. Klarinette zu hören ist. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt: Spuren von Hard Bop, Deep Jazz sowieso, Funk, vermischt mit Einflüssen aus allen Ecken des Globus, vornehmlich Afrika und Asien – einer der stärksten Momente ist "Breaking Point", wenn über einem Hip Hop-Groove sich japanische Skalen entfalten und man sich dieses Culture Clashs eigentlich gar nicht bewußt wird. Sehr groß ist auch "Unswept Corners", wo Youngers Harfe mit dem wortlosen Gesang von Gastvokalistin Niia zu verschmelzen scheint. Solche Momente gibt es tatsächlich viele auf diesem Album, das nicht nur abermals Youngers kompositorisches Genie und ihr außergewöhnliches instrumentales Talent zeigt, sondern eben auch, was für eine wunderbare Ensemblespielerin sie ist, die mit feinsten Nuancen der Tongebung auf ihr jeweiliges Gegenüber zu reagieren vermag… (2025)