Rezension

Ein Selbstportrait des Musikers Kenny Burrell – oder eine Zusammenfassung der Möglichkeiten der Jazz-Gitarre, Stand 1965? Die Frage ist deswegen überflüssig, weil’s im Falle Burrells dasselbe bedeutet. Blues, Bossa, moderne Klassik (eine kongenialische Bearbeitung eines Gershwin-Preludes für Solo-Gitarre) oder auf den Spuren von Miles Davis’ “Sketches Of Spain”: Wenige Alben weisen solch eine Bandbreite auf – und wirken dabei so sehr als zusammenhängendes Kunstwerk. Der große Gil Evans schrieb die Arrangements der fünf Titel mit großer Besetzung mit dem ihm eigenen Gespür für subtilste Klangfarben; in den drei Quintett-Nummern wirkt der Geist seiner Klangästhetik weiter. Hochintellektuelle Musik, niemals aber kopflastig, sondern selbstverständlich swingend, federnd geradezu: Eine Vereinigung des Besten aus vielen Welten. Und ganz definitiv Pflichtrepertoire. – Die Acoustic Sounds-Neuausgabe sollte ein mindestens gleichwertiger Ersatz für die schon lange vergriffene Speakers Corner-Ausgabe aus dem Jahre 2012 sein. (1965/2024)