Rezension
Hätte es Chet Baker nicht gebeben, Shorty Rogers wäre als DER Trompeter des Cool Jazz im Gedächtnis geblieben. Doch hatte der Mann ja von Anfang an mehr zu bieten als seinen unnachahmlich smoothen Ton. Rogers war vor allem ein genialer Arrangeur, dessen Talent sich die innovativsten Bandleader der Westküste – Woody Herman und Stan Kenton – gerne bedienten. Mit seinen eigenen „Giants“ – das Ensemble konnte ein Quintett sein oder wie hier eine ausgewachsene Big Band – nahm Rogers seit den 50ern eine Folge von bemerkenswerten Alben auf, die auch gerne mal einem ungewöhnlichen Phänomen gewidmet waren. Auf dieser LP – eine seiner letzten, bevor er sich die nächsten 20 Jahre ausschließlich dem Komponieren von Filmmusik widmete – ist’s der 3/4-Takt. Nun könnte man meinen, eine ganze LP mit zehn Nummern im Walzertakt könne auf Dauer ermüden, aber das Gegenteil ist der Fall: Wie Rogers den ehemaligen Wiener Modetanz des 19. Jahrhunderts immer wieder zum Swingen bringt, ist ein ums andere Mal faszinierend, und seine klangfarbenreichen Arrangements sind durchweg brillant. Selbst ein totgerittener Gaul wie „Greensleeves“ (mit sagenhafter Solo-Flöte von Bud Shanks!) wird da wieder zum springlebendigen Mustang. Weitere Highlights: Die Ellington-Adaptionen „I’m Gonna Go Fishin'“ und „Echoes Of Harlem“ oder die Rogers-Eigenkompositionen „Be As Children“ und „Terence’s Farewell“! (1963/2018)