Rezension
Wiewohl der Usbeke, seit er 2009 mit 18 Jahren den internationalen Londoner Klavierwettbewerb gewann, zu den am heißesten gehandelten Namen unter den Pianisten seiner Generation gilt, ist seine Diskographie bislang sehr schmal – und auch hier handelt es sich um einen Livemitschnitt. Es scheint, als ob Abduraimov das Studio nicht übermäßig schätzt. Was nicht wundert bei einem derart emotionalen Menschen, der das Klavier mit ganzem Körpereinsatz spielt, es dabei sowohl aufschreien wie in den zartesten Tönen singen lassen kann: Ein solcher Musiker braucht die Bühne, die Menschen im Publikum um sich. Sein „Rach 3“ ist dann auch ein wahres Spektakel – sowohl in bezug auf Virtuosität wie auf musikalisches Einfühlungsvermögen. Nach dem Ende des dritten Satzes fühlt man sich fast, als hätte man diese übermenschliche musikalische Leistung selbst vollbracht, so sehr nimmt Abdumairovs Performance den Hörer mit (im Wortsinne). Wenn man meint, danach dürfe nichts mehr kommen, so irrt man freilich: Mit der Nocturne aus Tschaikowskys 6 Morceaux op. 19 folgt eine Zugabe, die in ihrer stillen Intimität das genaue Gegenteil des eben Erfahrenen darstellt, und doch genau das ist, was dieses Musikerlebnis vervollständigt. (2020)