Rezension
Die dritte Veröffentlichung der grandiosen „British Jazz Explosion“-Serie ist eine der faszinierendsten Big Band-LPs überhaupt, dies- wie jenseits des Atlantiks. Wer nur die Besetzungsliste sieht, wird ein Fusion-Projekt vermuten, finden sich doch Namen wie Jack Bruce, Jon Hiseman und Dick Heckstall-Smith in den Reihen des auch sonst glamourös besetzten Ensembles (Barbara Thompson, Ian Carr, Michael Gibbs, Henry Lowther – um wenigstens einige zu nennen). Doch lagen rockistische Ambitionen nicht im Sinne des Pianisten, Komponisten und Arrangeurs (sowie bedeutenden Autors) Neil Ardley, als der die Urform des Orchesters 1963 gegründet hatte. Sondern eine Verbindung der Klangfarben von Duke Ellington und Gil Evans mit denen des Impressionismus, wobei ihm insbesondere Komponisten wie Ravel und Ralph Vaughan Williams interessierten. Das Experiment gelang und klang so vielfältig, wie man es angesichts der Einflüsse und der beteiligten Musiker nur vermuten kann – ohne sich allerdings zu verzetteln: So extrem einige der beteiligten Charaktere auch gewesen sein mögen, hier ging es offensichtlich allen um den Ensemblesound. Leider war es wohl problematisch, die zum großen Teil hier bereits vielfach anderweitig beschäftigten Musiker gleichzeitig ins Studio zu bekommen, und zwischen dem 1965er Debütalbum und dem zweiten Werk (das dann auch das letzte blieb) vergingen vier Jahre, in denen sich mehrere musikalische Revolutionen ereignet hatten – sodaß das Interesse der Öffentlichkeit an dieser Sternstunde des Big Band Jazz sehr begrenzt war. Originale sind so rar gesät wie teuer: Diese herrliche Faksimile-HQ-Neuausgabe sollte man mithin keinesfalls verpassen! (1969/2021)