Rezension

Aus welcher Zeitschleuse ist der denn gefallen…?! So fragte man sich angesichts des Ruf Records-Debüts von Brooks Mason Kelly, geboren 1996 in Atlanta, Georgia (so viel war immerhin herauszubekommen). Sein Künstlermoniker erwies sich als bodenlose Untertreibung, denn die elektrische Spannung hier liegt eher im sechsstelligen Bereich. Die Verschmelzung von Soul und Blues, wie sie einst etwa Albert Collins, Otis Rush oder auch Mike Bloomfield betrieben, schien in Kellys Augen nicht mehr stattzufinden; also kümmerte er sich selbst darum. Sein auf einem winzigen Indie-Label erschienenes 2019er Debüt-Album weckte die Aufmerksamkeit von Thomas Ruf, der den 24jährigen sofort für sein Label verpflichtete. Mit spürbar rauerer Produktion (man fühlt sich dabei oft an alte Stax-LPs erinnert) und einer exzellenten Band aus Cracks wie Brandon Boone (Bassist der Tedeschi Trucks Band) und Gitarrist Cody Matlock nahm Kelly also sein zweites Album für Ruf Records auf, und es zählte und zählt zum Besten, was auf dem engagierten Roots-Label je erschienen ist. Die Anzahl der Songs, die um 1970 höchstes Hitpotential gehabt hätten, ist hoch; Kellys Gefühl für diese Musik unfehlbar und der Groove durchweg unwiderstehlich. Kaum möglich, da nicht sofort zum Fan zu werden! (2021)