Rezension
Daß dieses Dokument anno 2012 nicht irgendwo, sondern auf dem kleinen, engagierten Resonance-Label (ansässig in Los Angeles) erschien, hatte folgende Bewandtnis: George Klabin, heute Resonance-Chef, war anno 1968 ein junger, sehr talentierter und in New York arbeitender Tontechniker – und bekam die Gelegenheit, einen Auftritt des neu formierten Trios des großen Klavierlyrikers Bill Evans mitzuschneiden. Der Ort war das Top Of The Gate, das der Impresario Art d’Lugoff ein Stockwerk über seinem legendären Village Gate eröffnet hatte, um mehr Programm bieten zu können. Eine Mikrophonprobe war Klabin nicht gestattet – aber der junge Mann verstand sein Handwerk! Denn was wir hier nun in gloriosem 45-UPM-Sound hören, ist in Sachen Raumabbildung und Dynamik wahrscheinlich eine der besten Evans-Aufnahmen überhaupt (live in jedem Fall). Und in musikalischer Hinsicht ist dies eine absolute Bereicherung der Evans-Diskographie, deren Repertoire-Rang auf einer Höhe mit dem wenige Monate davor aufgenommenen Montreux-Album anzusiedeln ist – und nicht weit (wenn überhaupt) unter den beiden legendären Village Vanguard-Alben des Jahres 1961! In Bassist Eddie Gomez (seit 1966 dabei) und dem jungen Drummer Marty Morell hatte Evans endlich wieder zwei Partner gefunden, die seine Idee von Jazz so teilten, daß das Ensemble sich auch in dieser frühen Phase blind verstand – kein Wunder, daß dieses Bill Evans Trio das langlebigste (sieben Jahre!) überhaupt wurde. Eine der wesentlichen Jazz-Veröffentlichungen ihres Jahrgangs. – 2XHD-Chef David Laflamme möchte mit dieser Neuausgabe in zwei Doppelalben (also auf acht statt sechs Seiten verteilt!) das damalige Bernie Grundman-Mastering noch übertreffen, ein ehrgeiziges Ziel…! (2012/2023)