Rezension
Westbrooks „Citadel / Room 315“ erschien 1975; es war sein letztes Album mit John Surman als Haupt-Solisten und gilt als Meilenstein des britischen Jazz. Wenig geläufig ist, daß die Suite für Big Band und Solo-Saxophon (bzw. Bassklarinette) ursprünglich ein Auftragswerk des schwedischen Rundfunks war: Die Skandinavier baten Westbrook, ein entsprechendes Werk für Surman als Solisten zu schreiben, das dann mit einem einheimischen Ensemble aufgeführt werden sollte. Was dann auch geschah – mit einer tatsächlich ziemlich großartigen Band, in der neben Leader Arne Domnérus noch einige weitere Koryphäen der schwedischen Szene saßen, etwa Gitarrist Rune Gustafsson und Pianist Bengt Hallberg. Die Uraufführung wurde natürlich damals mitgeschnitten, in hervorragender Qualität zudem. Die Aufnahme blieb allerdings bis zum heutigen Tage unveröffentlicht. Nun liegt sie endlich vor, und wer die Studio-Version des Werkes kennt, wird überrascht sein ob der noch einmal deutlich gesteigerten Intensität: Die Oberflächen sind rauher, die Unmittelbarkeit der Live-Situation macht das komplexe Werk, das zwischen Big Band-Sounds der innovativeren Schulen (etwa Stan Kenton), elegantem Funk, Fusion und Avantgarde oszilliert, buchstäblich „erlebbar“. – Achtung: Die Vinylausgabe ist auf 500 Stück limitiert! (2020)