Rezension
Frank Welser-Möst, der das Neujahrskonzert nach 2011 und 2013 (da förderte er auch schon etliche Repertoire-Raritäten zutage) zum dritten Male dirigierte, legte diesmal den Schwerpunkt auf Kompositionen des mittleren Strauss-Bruders Josef (1827-1870). Dessen bis heute unterschätztes Œuvre birgt offenbar Perlen zu Hauf: So viele noch nie in der langen Tradition der Neujahrskonzerte aufgeführte Werke gab es tatsächlich noch nie, und bei so fast allen fragt man sich, wie man sie so lange übersehen konnte. Der Zeit Lebens von instabiler Gesundheit geplagte Komponist stand stets im Schatten seines zwei Jahre älteren “Walzerkönig”-Bruders, seine Musik zeigt vor allem in den Walzern eine bei Johann II. eher nicht bekannte Melancholie und Introvertiertheit, manchmal – in “Heldengedichte” etwa – streift er dabei die Gattung “symphonische Dichtung”, Schumann ist da gar nicht so weit weg. Nebenbei zieht Welser-Möst auch noch wenig Bekanntes von anderen Dynastie-Mitgliedern, auch von Ziehrer, Hellmesberger oder Suppé aus dem Hut, alles mit außerordentlichem Feingefühl ausgearbeitet: Dies ist nicht nur aufgrund des ungewöhnlichen Repertoires ein echter Höhepunkt in der Geschichte dieser Veranstaltung! (2023)