Rezension
Die dunkle, weiche Stimme der pakistanischen Sängerin paßt nicht zum Sonnenlicht. Aftabs Musik, jene einzigartige Mischung aus Jazz, Folk, hindustanischer Tradition und europäischer Klassik, ist Musik zur Nacht, auf diesem Album mehr denn je. Obwohl einige Songs für ihre Verhältnisse ungewöhnlich Groove-betont sind, „Bolo Na“ etwa, eine Art Eastern Trip Hop, mit einem unter die Haut gehenden, faszinierend in den Song eingewobenen Spoken Word-Beitrag von Moor Mother. An Musikern treten unter anderem die Pianisten Vijay Iyer und James Francies, die Gitarristen Kaki King und Gyan Riley, Flötist Cautious Clay, Multiinstrumentalist Shahzad Izmaily und natürlich wieder Harfenistin Maeve Gilchrist, Aftabs wohl wichtigste Partnerin, auf; sie alle agieren höchst sparsam, Aftabs musikalische Vision verträgt keinen Ton zuviel – und wirkt doch oft wie eine Wall of Sound: Man hat Ehrfurcht vor dieser Musik. Aftab singt gelegentlich auf Englisch, meistens in Urdu, aber man muß die Worte nicht verstehen, um ergriffen zu sein. Erstmals interpretiert sie auf diesem Album einen Standard – und ausgerechnet einen der am meisten gespielten überhaupt: „Autumn Leaves“. Ihre Version darf man ab sofort zu den bedeutendsten zählen, neben denen von etwa Adderley/Davis und dem Modern Jazz Quartet. Besonders faszinierend daran ist, daß der Song nicht als Fremdkörper wirkt, sondern absolut in dieses abermals überirdische Album integriert ist… (2024)