Rezension
Schon früh in der Geschichte von Manfred Eichers Label entstanden Alben, die echte Meilensteine waren, die die Jazzgeschichte maßgeblich beeinflußten. Dies hier ist eine der ersten. Paul Bley war eines von Eichers ersten Signings gewesen, die dritte Labelveröffentlichung bestritt er mit seinem Trio, eine weitere LP war nach wenigen Monaten gefolgt. „Open, To Love“ aber war etwas ganz anderes. Nicht nur, weil der Pianist hier unbegleitet auftrat, sondern auch, weil in diesen zwei Eigenkompositionen, dreien seiner Ex-Ehefrau Carla und zweien seiner noch-Ehefrau Annette Peacock Dinge geschahen, die man so noch nicht gehört hatte. Die Klaviermusik Arnold Schönbergs ist hier so nah wie die Jazz-Piano-Tradition eines Erroll Garner, Bley stellt hier Bezüge her, baut Brücken, wo vorher keine waren. Und macht obendrein die Stille zum essentiellen Teil der Musik. Über fünfzig Jahre ist das jetzt her, und bestimmend war das Album längst nicht nur für die musikalische Identität des ECM-Labels. Man sollte sich also daran gewöhnt haben – doch sobald man es hört, ist man wieder unvermindert fasziniert, nein: geschockt von seiner Neuartigkeit. Ein echtes Jahrhundertalbum. (1973/2025)