Rezension
„Reið“ ist das isländische Wort für Reise, ein fürwahr treffender Titel für dieses bereits vierte Album, das die Cellistin für das außergewöhnliche TRPTK-Label aufgenommen hat. Drei zeitgenössische Werke (mit und ohne Elektronik) von Giovanni Sollima, John Tavener und Fjóla Evans wählte sie für diese Klangreise aus, ergänzt um eine geradezu außerweltliche Bearbeitung von Lou Reeds „Heroin“ (mit Gesang!). „Es war in unseres Lebensweges Mitte / Als ich mich fand in einem dunklen Walde / Denn abgeirrt war ich vom rechten Wege“ – den Anfang von Dantes „Inferno“ stellt die Musikerin dem Album zur Seite. Der Schritt in einen dunklen Wald ist ein gutes Bild dafür sich auf dieses Album einzulassen. Man muß mit Finsternis, Angst, Orientierungsverlust rechnen; doch ebenso gibt es geheimnisvolle Orte von reinster, unberührter Schönheit. Nebenher hören kann man dieses Album nicht, man muß eintauchen, die Mysterien erkunden wollen. Daß derart außergewöhnliche Musik auf einem Label mit höchsten audiophilen Ansprüchen erscheint, darf man als Glücksfall werten; sind die klanglichen Nuancen doch hier von tragender Bedeutung. Sorgen Sie unbedingt dafür, daß Sie während dieser 42 Minuten nicht gestört werden. (2020)