Rezension
Zwar war "CPE" immer der vergleichsweise populärste unter den Bach-Söhnen, doch erst in jüngster Zeit wird seine wirkliche musikgeschichtliche Bedeutung allmählich anerkannt – als ein Wegbereiter der Klassik vom gleichen Range wie der 18 Jahre jüngere Joseph Haydn, der in einigen seiner freieren Stücke sogar der Romantik weit vorausgriff! Der Kanadier Marc-André Hamelin, dessen bejubelte Gesamtaufnahme der Haydn-Sonaten ihn geradezu zum CPE-Interpreten prädestiniert, legte 2022 eine Auswahl von dessen Kompositionen vor, die mit dem Wort "brillant" nur unzureichend beschrieben ist. Denn die strahlende Brillanz seines Spiels ist nur ein Aspekt: Man spürt die Abenteuerlust des Komponisten, die Freude am Ausprobieren der neuen Formen (nachdem sein Vater die alten für alle Zeiten ausformuliert hatte), in jeder Note. Entgegen dem Titel besteht das Album nicht nur aus Sonaten und Rondos, sondern auch aus einigen Miniaturen und freien Fantasien – und dies sind die Stücke, in denen Bachs Einfallsreichtum keinerlei Grenzen gesetzt sind. Ein ganz besonderer Höhepunkt dieser Klavier-Sternstunde ist denn auch die Cis-Moll-Fantasie, in der der 1788 verstorbene Komponist sich weit ins 19. Jahrhundert wagte: Ein echter Ausblick auf die Zukunft, und ein weiterer Beweis für das Genie und den Weitblick dieses so lange nur von Musikologen beachteten großen Innovators! (2022/2025)