Johann Sebastian Bach

Sonaten und Partiten für Violine solo

Weitere Interpreten:  Emil Telmányi, Violine
Label/AN:  Analogphonic / Decca, LP43126
Format:  3 LP 180g, Box

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Rezension

Das Einzigartige dieser Aufnahme ist natürlich jener Bogen, den der ungarische Violinist (1892-1988) gemeinsam mit dem Bogenbauer Knud Vestergard entwickelt hatte und den er nach jenem „Vega-Bogen“ nannte. Im Gegensatz zum normalen Geigenbogen war dieses Modell stark gerundet wie die Modelle des Barockzeitalters, vor allem aber läßt sich die Spannung beim Spiel verändern – was das akkordische Spiel auf drei oder gar vier Saiten ermöglicht. Die Akkorde müssen also nicht mehr arpeggiert (gebrochen) werden, sondern können unisono klingen; generell ist mehrstimmiges Spiel viel besser möglich. Der Effekt ist frappierend; extrem etwa zu Beginn der berühmten „Chaconne“ in der zweiten Partita. Telmányis Violine erinnert fast an ein Akkordeon, manchmal auch an ein unheimliches Harmonium; andernorts möchte man wetten, mehrere Musiker zu hören. Ob Bach bei der Komposition eine entsprechende Entwicklung vorgeschwebt war – die Partituren sowohl der Sonaten und Partiten für Solovioline ebenso wie die der Cello-Suiten lassen das Gedankenspiel durchaus zu – oder nicht, darüber diskutieren Musikologen schon lange. Mit dieser Aufnahme aus dem Jahre 1953 goß Emil Telmányi, ein glühender Verfechter der These, einiges Öl ins Feuer. Denn das akkordische Spiel verändert nicht nur den Klang, sondern auch die gesamte Statik der Bachschen Architektur, mithin ihren Charakter. Daß es dem Musiker dabei nicht um bloße Aufmerksamkeit ging, steht außer Frage – der stille Ernst, mit der er die Musik gestaltet, ist das Gegenteil von Provokation. Hier ist ganz offenbar ein Mensch am Werk, der sich lange und intensiv mit der Musik Bachs auseinandergesetzt hat und dabei zu einem außergewöhnlichen Schluß gekommen ist. Das Ergebnis ist eine Bach-Einspielung außer Konkurrenz – die bislang kaum Nachfolger gefunden hat. Was angesichts dieses faszinierenden Statements dann eigentlich doch erstaunt. – Originalpressungen kosten ein Vermögen; für eine vollständige 1954er Decca-Ausgabe werden auch schon mal vierstellige Beträge erzielt. Und selbst die letzte erhältliche Vinylversion (eine dänische Pressung aus den 80ern) war zuletzt signifikant teurer als diese neue koreanische Edelausgabe! (1954/2019)

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