Rezension
Auch auf seinem ersten Zyklus der Symphonien, aufgenommen 2002/3, erwies sich Simon Rattle, zu Beginn seiner Karriere vor allem mit romantischem Repertoire und solchem der frühen Moderne in Erscheinung getreten, als eine der großen Beethoven-Koryphäen der Gegenwart, der hier äußerst schlüssig eine Brücke schafft zwischen den Verfechtern der historischen Aufführungspraxis und der Orchesterkultur des 19. und 20. Jahrhunderts. Die Wiener Philharmoniker sind in diesen Vibrato-freien Aufnahmen kaum wiederzuerkennen; tatsächlich berichteten Zeugen der Proben von langen “kreativen Debatten” des Dirigenten mit den Musikern. Ersterer konnte jene offenbar letztlich überzeugen, denn man hat hier ganz gewiß nicht den Eindruck, als würde irgendjemand gegen seinen Willen musizieren. Straff und transparent, durchaus auch stürmisch-revolutionär, zu Beginn des Allegretto-Satzes aber auch von einer Subtilität, daß man den Atem anhält. Die alte Floskel vom “Besten aus beiden Welten”, hier greift sie… – Erstmals auf Vinyl, hoffentlich der Beginn einer Gesamtausgabe! (2003/2023)