Rezension
Es gibt einen eindeutigen Grund, warum diese Ausnahme-Songwriterin eine Angelegenheit von Eingeweihten geblieben ist: Margo Guryan verabscheute Liveauftritte. Und weigerte sich dementsprechend, ihr 1968 auf Bell Records erschienenes Debütalbum mit einer Tour zu promoten, woraufhin es zunächst einmal unterging. Unter der Wasseroberfläche schlug es aber Wellen: Kollegen wie Harry Nilsson oder ‚Mama‘ Cass Elliott waren zutiefst beeindruckt, Songs wie „Think Of Rain“ oder „Sunday Morning“ wurden in anderer Leute Versionen (Astrud Gilberto, Claudine Longet, Jackie DeShannon, Julie London, Bobby Gentry) populär oder gar zu Hits. Für Sammler von 60’s-Soft Pop wurde das Album gar zu einer Art Heiliger Gral – und in der Tat wirkt es gleichermaßen wie ein Blueprint und wie ein Resumée des Genres. Margo Guryan hatte eine glänzende Ausbildung; zu ihren Lehrern an der Lenox School Of Jazz in Massachusetts zählten Bill Evans, John Lewis, Milt Jackson und Max Roach. Ihr Talent, raffinierteste Kompositions- und Arrangierkunst in scheinbar einfachen Liedern zu verkleiden, gleicht dem eines Burt Bacharach. Ein Meilenstein. (1968/2024)