Rezension
Den Tango-Begriff muß man hier sehr weit fassen; tatsächlich spielt die Folklore der Heimatinsel des sardischen Trompeters/Flügelhornisten hier eine mindestens gleichwertige Rolle. Fresu schrieb diese außergewöhnliche Musik (ohne Bass und Schlagzeug, dafür mit Bandoneon, Akkordeon, elektronischen Elementen und gelegentlichen Gastauftritten italienischer Sängerinnen) für ein Theaterstück, das auf einer Erzählung seines Landsmanns Salvatore Niffoi basiert, doch auch Elemente aus Gabriel García Márquez‘ „100 Jahre Einsamkeit“ (die imaginäre Stadt Macondo!) enthält. Wobei man sich nur schwer vorstellen kann, wie Musik von solcher Sogwirkung eine „untermalende“ Rolle bei einem Bühnenwerk spielen soll. Die magische Atmosphäre der literarischen Vorlagen allerdings spiegelt sich darin wunderbar wider, und Fresu zeigt sich einmal mehr als der viele Sprachen sprechende Meisterlyriker auf seinem Instrument. Ein buchstäblich bezauberndes Album. (2022)