Rezension
Bei den meisten Blue Note-Schätzen aus den 60ern, die um 1980 endlich veröffentlicht wurden, zweifelt man angesichts der Qualität zwar an der Labelpolitik – aber bei den wenigsten handelt es sich um einen solchen Skandal wie hier. Kein halbes Jahr zuvor hatte Shorter mit "Speak No Evil" eines der, sagen wir, 25 besten Blue Note-Alben überhaupt eingespielt – und der in jeder Beziehung würdige Nachfolger bleibt im Archiv! Dabei war das Album gleich in mehrfacher Hinsicht schon auf den ersten Blick außergewöhnlich: Die Dreifach-Spitze bei den Bläsern aus Shorter, Freddie Hubbard und dem unterbewerteten James Spaulding! Dann, einmalig unter Shorters Blue Note-Alben, von seinen Kollegen beim Miles Davis Quintet nicht nur Ron Carter, sondern auch Drummer Tony Williams. Und schließlich, als 'Ersatz' für den beim Vorgänger agierenden Herbie Hancock, McCoy Tyner am Klavier! Was für ein Gespann, und das am 4. Mai 1965 eingespielte Ergebnis enttäuscht die hohen Erwartungen kein bißchen. Ohne Frage ein Hauptwerk. Das Labelmanagement muß (soll ja in den besten Familien vorkommen) hier wirklich auf seinen Ohren gesessen haben… (1980; rec. 1965/2025)