Rezension

Der Name wird nur selten genannt, wenn die wesentlichen Jazz-Innovatoren der 60er und 70er aufgezählt werden, tatsächlich scheint der Altsaxophonist heute fast vergessen zu sein – dabei war er, angefangen von Coltranes „Ascension“ und Archie Shepps „Fire Music“, an etlichen echten Schlüsselwerken beteiligt und nahm unter eigenem Namen mehrere Alben auf, die jenen durchaus auf Augenhöhe begegnen. Doch weder sein 1966er Album „Three For Shepp“ (Impulse!) noch das 1970er ECM-Meisterwerk „Afternoon Of A Georgia Faun“ genießen einen auch nur halbwegs angemessenen Bekanntheitsgrad. Das gilt auch für das 1974er „Vista“, Browns letzte Impulse!-Aufnahme, auf der der Avantgardist sich sehr zugänglich gibt: Die Soli sind melodisch, die Grooves fließend, die Stimmung oft schwebend. Die Besetzungsliste zeigt deutlich, welchen Rang der 2010 verstorbene Musiker zumindest unter Kollegen genoß: Wir hören Reggie Workman am Bass, Ornette Coleman-Drummer Ed Blackwell, Strata-East Records-Mitbegründer Stanley Cowell am Klavier. Sänger Allen Murphy hat einen Gastauftritt in einer bemerkenswerten Version von Stevie Wonders „Visions“; der Minimal Music-Komponist Harold Budd schrieb „Bismillahi ‚Rrahmani‘ Rrahim“ für dieses Album; er selbst nahm es erst Jahre später auf (übrigens wieder unter Browns Mitwirkung). Mehr ein Geheimtip denn ein Klassiker – es müßte aber einer sein! (1974/2025)