Kann, darf Alte Musik rocken? Auf jeden Fall, und hier tut sie’s! Natürlich nur da, wo es angebracht ist. Aber dann hauen einen der Überschwang des Baseler Barockorchesters La Cetra und die ansteckende Leichtigkeit in Petibons Stimme glatt aus dem Sessel. Die „Neue Welt“ als Konzept dieser Sammlung von barocken Arien und Liedern ist übrigens weit gefaßt: Geographisch einerseits, viele der Stücke haben mit den noch exotischen Amerikas und anderen fernen Gestaden zu tun (die Stücke aus einem bislang interpretatorisch unberührten peruanischen Manuskript aus dem späten 18. Jahrhundert sind da echte Höhepunkte!). Aber auch religiös: In Arien von Charpentier und Purcell bekommen wir es mit dem Totenreich als „Neuer Welt“ zu tun; oder auch rein musikalisch: Die tatsächlich überraschende neue Welt, die die Pioniere der Wiederentdeckung der Alten Musik dem Publikum und nachfolgenden Musikergenerationen erschlossen! In dieses Konzept passen geistliche Werke ebenso hinein wie ausgesprochen weltliche; Opern ebenso wie Volkslieder; Euphorisches und Tieftrauriges. Die gefeierte französiche Sopranistin findet jedesmal den perfekt angemessenen Tonfall, sie kann bedeutungsschwer sein oder schwerelos. Im einen wie im anderen Fall hängt man an ihren Lippen. Eines der schönsten Vokal-Alben der letzten Jahre, nebenher auch noch ausgezeichnet aufgenommen und von Clearaudio nun mit einer angemessen hochwertigen, exklusiven (und ungekürzten!) Vinylausgabe bedacht. (2014)