Rezension
Dies ist vielleicht das radikalste, freieste Album des ‘Saxophone Colossus’: Hier wird in langen Improvisationen das Terrain erforscht, und die beteiligten Musiker sind praktisch gleichberechtigt – was sich auch in ausgedehnten Soli von Bassist Jimmy Garrison und dem wie üblich genialen Elvin Jones zeigt. Im über 20minütigen Titelstück steuert auch Trompeter Freddie Hubbard Großartiges bei, wenn er die Spannungsschraube immer noch ein bißchen fester anzieht… In “Blessing In Disguise” (nun in Trio-Bestzung), einer Art taumelnder Marsch, hören wir Rollins frei assoziieren; die Schlußnummer hat dann tatsächlich doch noch etwas mit Broadway-Tradition zu tun: Rodgers & Hammersteins “We Kiss In A Shadow” stammt aus dem Musical “The King And I”, kommt im Jazz-Kontext im Gegensatz zu vielen anderen Tin Pan Alley-Klassikern aber eher selten vor – und so wie hier schon gar nicht… Alles andere als “Rotwein-Jazz”, dafür aber knapp 40 Minuten atemloses Zuhören. Rollins selbst war wohl der Ansicht, daß damit auch erstmal alles gesagt wäre – und verabschiedete sich in sein drittes ‘Sabbatical’. Erst 1972 meldete er sich (unter wiederum ganz anderen Vorzeichen) zurück. – Die von Ryan K. Smith gemasterte Acoustic Sounds-Neuausgabe sollte der lange vergriffenen Speakers Corner-Ausgabe von 2007 in nichts nachstehen und punktet obendrein mit einem luxuriösen Tip-On-Klappcover! (1966/2024)