Rezension
Billie Eilish und ihr Bruder, Produzent und Co-Songwriter Finneas O’Connell, werden mit jedem Album noch besser. Wobei schon das Debüt der damals 17jährigen meilenweit über das hinausging, was man gemeinhin unter Teen-Chart-Pop versteht – und dennoch in 16 Ländern Platinverkäufe einfuhr. „Hit Me Hard And Soft“ zeigt das Songwritingtalent der Geschwister auf einem neuen Höchstniveau. Und welche Vielfalt! Mit dem Streichquartett-veredelten „Skinny“ wird man in ein Album gesogen, das genialischen Contemporary-Pop wie „Chihiro“ ebenso enthält wie das erstaunliche „The Greatest“, das sich von einer intimen Akustikballade zu großem Cinemascope-Drama steigert; nicht der einzige Song, der ganz anders aufhört, als er anfing. „Birds Of A Feather“ taucht tief in die 80er ab, so hätte eine Kooperation von Sade und George Michael klingen können. Zwischen Kammer-Chanson und greller EDM (die bei Eilish aber stets einen dunklen Beigeschmack hat, der Glitter trügt) reicht das Spektrum. Der melodische Reichtum beeindruckt ebenso wie die mühelose Tiefe der Texte: Wenn Eilish über Einsamkeit singt, läuft es einem kalt den Rücken herunter. Es gab keine Vorabsingle zu diesem Album, offenbar gibt es auch keine Deluxe-Ausgabe mit Bonustracks, stattdessen ganz klassische 45 Minuten Spielzeit: Eilish und O’Connell schätzen das Albumformat. Sie hören Musik auch lieber auf großen Stereoanlagen als aus Bluetooth-Böxlein. Das ist vielleicht nicht wichtig, vielleicht aber auch ein Indiz dafür, warum ihre Alben soviel besser und vielschichtiger sind als die der anderen großen Global Player im aktuellen Popgeschäft. (2024)