Mit den gespenstischen Klavierballaden von „White Chalk“ stieß Polly Jean Harvey 2007 so manchen Fan vor den Kopf. Mit „Let England Shake“ folgte eine weitere stilistische Wandlung und ein Album, das Mitte der 90er sicherlich niemand von ihr für möglich gehalten, geschweige denn erwartet hätte. Mit der Autoharp (June Carter Cash verwendete dieses seltsame Instrument gerne) ausgerüstet, näherte sich Harvey hier dem Folk. Die Bedingungen dazu stellte sie selbst: Subversiveres hatte man in diesem Genre schon länger nicht gehört. Grauenvolle Schlachtfelder des Ersten Weltkrieges werden in diesen Balladen besucht; Blut, Feuer und Mord in feine Kleider gesteckt, ganz wie im richtigen Leben. Eine Abrechnung ist dieses Album, nicht nur mit Harveys britischer Heimat. Im Grunde sind dies Protestsongs – doch finden wir das Genre hier auf einem gänzlich anderen Level wieder als zu Zeiten des jungen Dylan oder bei ihrem Landsmann Billy Bragg. Dafür treffen sie umso härter. (2011/2022)