Rezension
Man staunt, wie unverkrampft das funktioniert. Fast ein Vierteljahrhundert ist vergangen seit "We Love Life", das in seiner Geschlossenheit und Scott Walkers dichter Produktion ein perfekter Schwanengesang war für eine der größten Bands der Brit Pop-Ära (deren Hype die bereits 1978 gegründete Jarvis Cocker-Truppe eigentlich eher zufällig erwischte). Und jetzt: Mehr, einfach so. Anfang der 2010er gab es bereits Konzerte, die zeigten, daß eine Reunion jederzeit möglich wäre. Seit 2022 wurde dann wieder getourt – und in den bejubelten Konzerten wurden dann auch die neuen Songs ausprobiert, die teilweise sowieso längst bei Cocker in der Schublade gelegen waren. Dann ging es ganz schnell – nach nur drei Wochen Studiozeit war das Album fertig, James Ford (zuletzt etwa für die Pet Shop Boys, Beth Gibbons oder Fontaines D.C. tätig) produzierte. Und es gelang etwas beinahe Unmögliches, denn "More" klingt in jeder Sekunde nach Pulp, aber in keiner nach Wiederverwertung oder Redundanz. Es geht durchaus ums Altern, um Reife (fast alle Bandmitglieder stehen in ihren 60ern), und doch gelingt eine glaubwürdige Disco-Hymne ("Got To Have Love" – ca. 1996 eine sichere UK-Nr. 1!). Jarvis Cocker ist als Erzähler in seinem Element, und die Melodien, die ihm und seinen Bandkollegen dazu eingefallen sind, sind schlicht überwältigend. Ob das Album ein spätes Resümee der klassischen Diskographie ist oder ein Neubeginn, wird die Zukunft zeigen. Im Moment kann man einfach genießen, daß sie wieder da sind. Mit einem Album, das perfekter kaum sein könnte. (2025)