Rezension
Der gebürtige Brooklyner ist ein typischer „musicians‘ musician“: Einer, der vor allem von Kollegen bewundert und geschätzt wird. Trotz beeindruckender und teils preisgekrönter eigener Diskographie, trotz seiner Aufnahmen mit Mel Lewis, Randy Brecker, Archie Shepp, Toots Thielemans oder Joe Lovano ist Kenny Werner kein „Haushaltsname“. Einer der größten Jazzpianisten aller Zeiten ist er dennoch. Seine Technik ist so virtuos wie sein harmonisches Verständnis tiefgehend; sein Groove-Gefühl unfehlbar. 1992 war er solo auf Tour, das Konzert in Stuttgart schnitt der SDR (heute SWR) in hervorragender Klangqualität mit. Bill Evans‘ „Blue In Green“, Dave Brubecks „In Your Own Sweet Way“ oder Herbie Hancocks „Dolphin Dance“ dienen Werner als Basis für spannende Exkursionen, mal wild voranstürmend, mal versunken innehaltend, immer neugierig auf Fundstücke am Wegrand und bereit, unvermutete Abzweigungen zu nehmen. Da kann man dann unvermutet auch mal kurz in einem Burt Bacharach-Song landen, oder ein Klangbad in impressionistischen Farben genießen. Man würde das ja als einzigartigen Höhepunkt der Jazz-Klavierkunst bezeichnen, aber wahrscheinlich hat Werner auf jedem Konzert seiner Solo-Tour dieses Niveau geboten. Trotzdem: Gigantisch. Und erfreulicherweise in hervorragender Klang- und Fertigungsqualität auf Vinyl gepreßt! (2019)